Meine Erfahrungen mit Brain Machines

Alles, was mit Hilfe von Chemikalien erreicht werden kann, kann auch mit anderen Mitteln erreicht werden.
— William S. Burroughs

Es dampfmaschint, wenn’s Dampfmaschinen­zeit ist.
— Charles Fort

Es ist jetzt etwa zehn Jahre her, dass ich zum ersten Mal eine der damals noch lange nicht ausgereiften Biofeedback-Maschinen ausprobierte. Ich hatte sofort den Eindruck, dass eine solche Technologie unsere Gesellschaft mehr revolutionieren würde als es die psychedelischen Drogen der 60er Jahre vermochten – aus dem einfachen Grund, dass die Amerikaner Maschinen gegenüber weniger misstrauisch sind als gegenüber Chemika­lien.

In dem seither verstrichenen Jahrzehnt hat sich, meiner Meinung nach, dieser erste Eindruck bestätigt. Auf dem Gebiet der chemischen Bewusstseinsveränderung sucht die Regierung, mit Unterstützung der verschreckten Bevölkerungsmehrheit, jeden Durchbruch zu verhindern, zumindest wurde jede legale wissenschaftliche Forschung gestoppt und das Feld der illegalen Experimentiererei und Ausbeutung durch eine ungeheuerliche Koalition von Untergrund-Schamanen und der Mafia überlassen. Dagegen wurden auf dem Gebiet der mechanischen Bewusstseinsveränderung Riesenfortschritte gemacht, ohne eine neue Inquisition oder Massenhysterie zu provozieren.

Michael Hutchisons aufregendes neues Buch Megabrain gibt einen Überblick über den derzeitigen Stand der Forschung im Bereich bewusstseinsverändernder Maschinen. Natürlich sollte alle auf diesem Feld schon geleistete Arbeit nur als erste Erkundung gewertet werden: es gab bis jetzt noch keine wirklich strengen Doppel-Blindstudien, wie sie die reine Wissenschaft fordert. Doch selbst, wenn man Hutchisons Material als anekdotische und grob empirisch gesammelte Ergebnisse betrachtet, so sind doch die bisher erzielten Resultate weit spektakulärer, als ich es vor zehn Jahren erwartet hatte. Ähnliches habe ich überall gehört, wo ich in den letzten zwei Jahren Vorträge hielt: die neuen Brain Machines erschließen nicht nur höhere Gehirnschaltkreise, die bisher mit „Mystizis­mus“ assoziiert wurden, sie scheinen auch zur Behandlung einer Vielzahl medizinischer Probleme geeignet.

Es müssen einige Unterscheidungen getroffen werden. Bei der ersten Generation von Hirn-Hardware in den Siebzigern, den sogenannten Biofeedback-Geräten, handelte es sich um Apparate, die das Gehirn nicht direkt beeinflussten. Diese Geräte zeichneten lediglich die Gehirnwellen auf und zeigten an, ob man eine bestimmte Bewusstseinsebene erreicht hatte oder nicht. Dennoch ermöglichten es diese Biofeedback-Systeme vielen Leuten, innerhalb von Wochen Yoga-Techniken zu erlernen, die früher Monate oder sogar Jahre ermüdender und frustrierender Bemü­hungen erfordert hatten. Wie sich herausgestellt hat, kann man mit diesen Geräten schnell und einfach lernen, sich in den entspannt/wachen (medi­tativen) Zustand zu versetzen, in dem die Gehirnwellen im Alpha-Bereich liegen. Inzwischen verschreiben viele Ärzte diese Therapie an Stelle der üblichen Medikamente gegen jene amerikanischste aller Krankheiten, den Bluthochdruck.

Es scheint generell gut für die Gesundheit zu sein, sich regelmäßig in den Alpha-Zustand zu versetzen. Anscheinend benutzen die meisten Leute in unserem Kulturkreis, solange sie nicht schlafen, ihre Gehirne in der für die Beta-Wellen charakteristischen Weise. Der Beta-Zustand ist typisch für analytisches Problemlösen, hängt aber auch mit Unruhe, Span­nung und Besorgnis eng zusammen. Die Neigung unserer Gesellschaft, ständig im Beta-Zustand zu bleiben, ist der neurologische Bestandteil des Phänomens, das Fritz Perls einmal unseren „permanenten kleinen Alarm­zustand“ nannte.

Das Beta-dominierte Gehirn produziert zu viele Chemikalien wie Adrenalin und Noradrenalin, die mit allen psychosomatischen Krankhei­ten angefangen von chronischen Kopfschmerzen über Magengeschwüre bis hin zu ernsten Problemen wie Herz-oder Schlaganfall zusammenhän­gen. Auch im Blut von Schizophrenen findet sich gewöhnlich zu viel Adrenalin. Daher überrascht es nicht, dass ein breites Spektrum von medizinischen und emotionalen Problemen behandelt werden kann, indem man lernt, sich im Alpha- statt im Beta-Zustand zu bewegen.

Auch Cannabis-Drogen, wie z.B. Marihuana, tendieren dahin, bei den meisten Verbrauchern die Hirnwellen von hoher Beta- auf eine nied­rige Alpha-Frequenz „herunterzufahren“. Ich vermute, dass dies der Hauptgrund für die Popularität dieser Drogen ist, trotz ständiger Belästi­gung der Verbraucher durch den Staat, und obwohl diese Drogen unzu­verlässig sind und manchmal den gegenteiligen Effekt haben, nämlich mehr Beta-Wellen und Unruhe zu erzeugen. Gewohnheitsmäßige Konsu­menten sind wahrscheinlich jene, bei denen Gras immer die Entspannung
des Alpha-Zustands bewirkt und sie aus dem hektischen Beta-Zustand herausbringt; dagegen sind jene, die die Droge eine Zeitlang ausprobieren und es dann sein lassen, wahrscheinlich diejenigen, bei denen sie häufig Beta-Wellen und mehr Unruhe hervorruft. (Natürlich spielen hinsicht­lich des Drogengebrauchs, des Nicht-Gebrauchs und des Missbrauchs auch soziale Erwartungen der jeweiligen Subkultur eine Rolle. Logo.)

Die derzeitige Generation von Brain Machines ist nicht nur weniger „freaky“ und unvorhersehbar als Gras, diese Geräte wirken auch viel, viel schneller als Biofeedback, weil sie das Gehirn nicht nur beobachten, sondern es, mit Hilfe der einen oder anderen Technik direkter Stimulie­rung, aktiv programmieren. Kurz gesagt: einiges von dem, was Yoga oder Zen in jahrelangem Training und Biofeedback innerhalb von Wochen bewirkt, können einen die neuen Geräte in ein paar Tagen, manchmal sogar in nur ein paar Stunden, lehren. Mit ihnen kann man fast sofort in den entspannt/wachen Alpha-Zustand und auch auf eine Reihe anderer interessanter Bewusstseinsebenen gelangen.

Wie schnell diese Geräte arbeiten können, dafür erlebte ich ein dra­matisches Beispiel gleich in meiner ersten Sitzung mit dem Pulstar, der von Mike Hercules aus Boulder gebaut wurde. Nach etwa 15 Minuten außergewöhnlich tiefer Meditation in Alpha fragte mich Mike, ob ich gerne noch weiter hinab, in den Theta-Bereich, gehen wollte. Ich war ein­verstanden. Er drehte den Regler, und ich hatte die intensivste und über­zeugendste „Out of body experience“ in 30 Jahren, in denen ich mit bewusstseinsverändernden Werkzeugen und Techniken experimentiert habe. Ich möchte gleich betonen, dass die meisten Leute, wenn sie den Pulstar zum ersten oder sogar zum zehnten Mal benutzen, kein solch dra­matisches Ergebnis erzielen. Aber ich habe doch, seit ich begann, zu die­sem Thema Vorträge zu halten, von einigen Leuten gehört, die innerhalb einiger Wochen täglicher Pulstar-Benutzung ähnliche Resultate verzeich­nen konnten.

Der Pulstar arbeitet mit vier Elektroden, die am Kopf angelegt wer­den und gleichermaßen das (mehr „menschliche“) Vorderhirn und das hintere (mehr „tierische“) Hirn sowie die rechte (intuitive) und die linke (analytische) Hemisphäre stimulieren. Von den meisten Benutzern, wie intensiv auch immer ihre Erfahrungen mit Meditation waren, hörte ich, dass sie alle zur Genüge diese Tage kennen, an denen aufgestaute Span­nungen, Erschöpfung oder das eine oder andere emotionale Problem jeden Versuch, richtig zu meditieren, zunichte machen. Mit dem Pulstar jedoch konnten sie diese Blockierung überwinden und sich schnell in tiefe Meditation versetzen. Der Pulstar ist offensichtlich für all jene empfeh­lenswert, die Meditation zu nutzen versuchen, dabei aber einen aktiven „amerikanischen“ Lebensstil pflegen. Andere Berichte über den Pulstar mögen für den, der sich in der Neurologie nicht auskennt, unglaublich klingen. Einige Leute haben behauptet, dass ihr weißes Haar wieder seine frühere Farbe bekam, nachdem sie den Pulstar einige Monate lang benutzt hatten. Ein Mann erzählte mir sogar, dass er, obwohl fast kahl, als er mit dem Gerät anfing, jetzt wieder vollen Haarwuchs hat. Ich bin geneigt, diesen bizarren Berichten durchaus ein wenig Glauben zu schen­ken, denn ein mir bekannter Biologe, Dr. Paul Segall, kam bei Versuchen mit alten Ratten, die er auf eine spezielle Diät setzte, zu ähnlichen Resul­taten: die Ratten bekamen wieder glänzendes, jugendliches Fell, und einige vermehrten sich in einem Alter, das dem von 100 Jahren beim Menschen entspricht. Wie Hutchison in Megabrain ausführt, setzt das Gehirn, wenn es durch diese Geräte niedrigen Alpha- oder Theta-Wellen­impulsen ausgesetzt wird, eine Reihe von Peptiden frei, die buchstäblich jede Zelle im Körper beeinflussen. Ich nehme an, dass dies ähnliche Effekte beim Menschen hervorrufen kann wie Dr. Segalls Spezialdiät bei seinen Ratten.

Die Chemikalien, die vom Gehirn unter Einfluss von Alpha- und Theta-Wellen am schnellsten und reichhaltigsten ausgeschüttet werden, sind die berühmten Endorphine, die auch bei denen, die mit der Visuali­sierung von weißem Licht vertraut sind, freigesetzt werden (einer Tech­nik, die schon lange bei vielen magischen Bräuchen und von Gesundbe­ter-Kreisen eingesetzt wird). Diese Endorphine wirken gegen Angstge­fühle und vertreiben in beachtlichem Maße Schmerzen, was auch der Grund dafür ist, dass ein Großteil der Forschung über diese Geräte auf dem Gebiet der Bekämpfung von chronischen Schmerzen stattfand. Die bisher bekannten Ergebnisse sind hervorragend, wenngleich ich noch ein­mal betonen muss, dass alles, was in diesem Artikel beschrieben wird, nur vorläufige Erkenntnisse sind und es auf diesem Gebiet noch an streng wissenschaftlichen Beweisen fehlt. Es wurde auch von guten Resultaten bei der Behandlung von Epilepsie und Schizophrenie mit diesen Geräten berichtet, aber noch einmal – es muss mehr geforscht werden, bevor es berechtigt ist, zu viele Hoffnungen zu wecken. Ich besitze jetzt seit drei Monaten einen Pulstar und kann nur sagen, dass ich immer optimistischer in Bezug auf seine Anwendungsmöglichkeiten werde.

Isis, ein von Dr. Jack Schwartz aus Washington State entworfenes Gerät, arbeitet nach einem anderen Prinzip als der Pulstar, aber Berichte verheißen ähnliche Ergebnisse. Isis sendet über eine Spezialbrille und Kopfhörer auf dem Weg durch Augen und Ohren Alpha-, Theta- oder andere Wellen ins Gehirn. Mit Isis hatte ich weniger Erfahrung als mit Pulstar – nur fünf tägliche Sitzungen bei einem Freund in Boulder – aber ich schätze, dass es für Einsteiger ein „leichteres“ oder mehr unmittelbar ansprechendes Gerät ist als Pulstar. Die Lichtmuster, die man mit Isis sieht, sind auf unterhaltsame Art „psychedelisch“, und man neigt dazu, davon verzaubert und/oder amüsiert zu sein, bevor man überhaupt merkt, dass man sich in einen veränderten Bewusstseinszustand begibt. Da Pulstar diesen „Disco-Light-Show“-Effekt nicht hat, mag er dem Einsteiger zunächst langweilig erscheinen, der aus Mangel an Erfahrung die ersten subtilen Zeichen für neu aktivierte Gehirnschaltkreise nicht erkennen kann.

Im Alpha-Zustand, und sei es mit Isis, kann man problemlos jeden Morgen und Abend eine halbe bis dreiviertel Stunde tiefer Meditation erleben. Ich betone das Wort problemlos, weil ich und die meisten Ame­rikaner und Europäer in meinem Bekanntenkreis (ich wage es nicht, Orientalen mit einzubeziehen, da ich so wenige kenne) die Erfahrung gemacht haben, dass man von einer halbstündigen Meditation gewöhnlich 25 Minuten auf Versuche verschwendet, sich in den Alpha-Zustand zu versetzen; dabei macht man sich Vorwürfe, weil man es nicht schafft, ver­sucht sich zu erinnern, wie es überhaupt ist, wenn man dort ist, fühlt sich minderwertig gegenüber den Leuten, die einem erzählen, sie machten es jeden Tag, usw. Für einen Anfänger bleiben also von einer halben Stunde nur etwa fünf Minuten wirklicher Meditation; und nur zu oft werden selbst diejenigen, die schon seit Jahren meditieren, noch häufig von der Anspannung des modernen Lebens abgelenkt. Und oft werden auch fünf Minuten „guter“ Meditation von entnervenden Augenblicken unterbro­chen, wie etwa: „Oh Gott, ich hab’s! Wie bin ich da drauf gekommen? Oh verdammt, jetzt hab‘ ich’s wieder vergessen.“ Mit den neuen Brain Machines kann man schon nach ein oder zwei Sitzungen lernen, sich die gesamten 30 oder 45 Minuten einer Session in tiefe Meditation zu bege­ben, anstatt die Zeit damit zu verschwenden, sich Vorwürfe zu machen, dass man es nicht richtig anfange.

Stellt man die Geräte auf Theta-Wellen ein, so gerät man in tiefere Meditation, gefolgt von einer Reihe ruhiger und nicht beängstigender „psychedelischer“ Zustände. Ein Kind, das mit Einwilligung seiner Eltern Isis ausprobierte, sagte in Theta: „Ich kann meine Träume sehen.“ Durch Erfahrungen mit dem Theta-Zustand werden, ebenso wie mit schamani­stischen Drogen wie Peyote oder den mexikanischen Magic Mushrooms, die umstrittenen Phänomene (oder Wahnvorstellungen, wie die Skeptiker immer noch sagen) wie außersinnliche Wahrnehmung, Astralreisen und „out-of-body“-Erlebnisse immer leichter zu erreichen.

Auf der noch tiefer liegenden Delta-Ebene schläft man entweder ein oder aber erlebt beeindruckende, an einen LSD-Trip erinnernde Halluzinationen. Wenn man einschläft, scheint man typischerweise nach etwa 45 Minuten wieder aufzuwachen, fühlt sich sehr erfrischt und braucht in der darauffolgenden Nacht wenig Schlaf. Von den LSD-ähnlichen Effek­ten wurde bisher noch nie berichtet, dass sie beängstigend gewesen seien. Das kommt möglicherweise daher, dass bei vielen Leuten Drogenerfah­rungen wegen der Illegalität leicht durch Ängste beeinträchtigt werden (erinnern Sie sich, wie die Häufigkeit der schlechten Trips anstieg, als das Präparat verboten wurde?). Andere, die den Mut zu solcher illegaler neu­ropharmakologischer Forschung aufbringen, sind dabei oft deswegen noch nervös, weil man das Experiment nicht abbrechen kann wie man will, sondern es einfach durchstehen muss, wenn man die Droge einmal genommen hat. Ein Hirnwellengerät kann man in dem unwahrscheinli­chen Fall, dass irgendetwas Unangenehmes passiert, einfach zurück auf Alpha stellen und sich in eine entspannte Meditation begeben – oder ganz abschalten. Man kann es auch so sehen: Moleküle sind eher große, plumpe Werkzeuge zur Bewusstseinsveränderung, während die neuen Maschinen subtiler wirken, unterhalb der molekularen und atomaren Ebene im elektronischen und Quantenbereich.

Ich kann nicht widerstehen, eine „psychedelische“ Anekdote über die Delta-Ebene zu erzählen. Eine Frau, die sich immer vor Drogenexperimenten gefürchtet hatte, probierte einen Dual Hemispheric Synchronizer – ein viel komplizierteres Gerät als Pulstar oder Isis. Im Delta-Zustand geriet sie in eine Art kichernder Extase und erzählte später: „Ich habe Gott gesehen, und er war ein gigantischer Osterhase!“ Ähnliche neuroge­netische Offenbarungen (wobei alte Archetypen mit numinoser Autorität erscheinen) sind mir schon einmal bei den Neulingen unter den psychede­lischen Reisenden in den 60er Jahren begegnet …

Es sieht so aus, als würden diese Geräte, deren ursprüngliche Wirkun­gen ich beschrieben habe – Tiefenmeditation mit Alpha-Wellen, PSI­-Effekte in Theta, Träume oder Visionen in Delta – nur eine Tür zu etwas öffnen, das sogar noch interessanter ist. Schon nach einigen Wochen tritt eine neue Art von Gehirnfunktionen in Erscheinung, die stark an den von Dr. Timothy Leary beschriebenen „Neurosomatischen Schaltkreis“ erin­nert. Auch ohne die Geräte hat man immer häufiger „Gipfelerlebnisse“ und scheint zunehmend immun gegen die psychosomatischen Krankhei­ten unserer Spezies zu werden. Das heißt, es sieht so aus, als verschwän­den die Symptome aller möglichen Krankheiten (der Endorphin-Effekt), und die Krankheit kann in manchen Fällen sogar geheilt, zumindest aber gelindert werden. (Um es noch einmal zu sagen, ich schreibe hier das, was ich glaube, auf der Basis von veröffentlichten Berichten und von Gesprä­chen, die ich mit Benutzern führte, aber ich muss daran erinnern, dass all dies noch mehr wissenschaftlicher Bestätigung bedarf, bevor es als bewie­sen erachtet werden darf.)

Dieser neurosomatische Schaltkreis scheint am schnellsten mit dem Dual Hemispheric Synchronizer erreichbar zu sein (mit den anderen Geräten kommt man auch dorthin, wenn auch langsamer). Es handelt sich um einen Zustand außerordentlicher mentaler Klarheit, der sich nur schwer beschreiben lässt. Er ähnelt in etwa der Vorderhirnstimulation, wie sie von Drogen wie Amphetamin und Kokain bewirkt wird, allerdings ohne deren nervöse Begleiterscheinungen, und ohne Sucht zu erzeugen. Tatsächlich benutzt man das Gerät immer seltener, weil sich das Gehirn auf die neue Funktionsebene einstimmt, ohne die Maschine für diese Pro­grammierung zu benötigen. Dieses Ergebnis unterscheidet sich auch inso­fern von den Effekten der „Speed“-Drogen, die sofort einsetzen, aber nur zeitweilig anhalten, als dass die Wirkung subtiler ist und kumulativ anwächst; es ist kein kurzes „high“ und es folgt auch kein Absturz in Müdigkeit und Depression. Es scheint sich eher um einen natürlichen Wachstumsprozess des Gehirns zu handeln, wie das natürliche Wachstum der Muskulatur in Folge täglichen Trainings.

Wir können sagen, dass sich dieser „metaprogrammierende Schalt­kreis“ (wie ich ihn an anderer Stelle genannt habe) vom gewöhnlichen Bewusstsein genauso unterscheidet, wie sich luzides (bewusstes) Träumen von gewöhnlichem (unwillkürlichem) Träumen unterscheidet. Oder, um eine Metapher von Colin Wilson zu verwenden, das gewöhnliche Bewusst­sein ist, als ob man einen völlig chaotischen und sinnlosen Film sieht; der metaprogrammierende Schaltkreis wirkt, als ob man zum Projektor ginge und Ton und Bild so einstellt, dass jetzt ein klarer und verständlicher Film auf der Leinwand zu sehen ist.

Kurz gesagt: diese Geräte funktionieren – wie Hutchison in Mega­brain schreibt – so ähnlich wie die Stützräder an einem Fahrrad. Wenn man einmal begriffen hat, wie es geht, sind die Stützräder überflüssig (nach meinen Beobachtungen wirken Psychedelika nur bei etwa zwei Pro­zent der Benutzer in dieser Weise – nämlich bei denen, die sich bereits mit Psychologie auskennen und gewöhnlich auch beträchtliche Erfahrung mit Mathematik oder exakten Wissenschaften haben).

Kein Artikel über Gehirn-Hardware wäre vollständig, ohne die inter­essanteste Gehirn-Software, die es gibt, zu erwähnen: das Spiel Mind Mir­ror von Dr. Timothy Leary. Wie bei den meisten Computerspielen sind auch hier zahlreiche Variationen möglich, aber alle spiegeln auf die eine oder andere Weise die sozialen „Spiele“ des Spielers wider. Sie zeigen, wie sich der Spieler Leuten gegenüber verhält und wie er andere program­miert, sich ihm gegenüber – gegenüber dem Selbst, das seine Spiele pro­jektieren – zu verhalten. In diesem Gebiet der Psychologie arbeitet Leary seit 30 Jahren, und sogar seine Beteiligung an den psychedelischen Expe­rimenten der 60er Jahre beruhte auf dem Interesse daran, ob diese Präpa­rate es ermöglichen würden, gewohnheitsmäßige „Verliererspiele“ abzub­rechen und an ihrer Stelle neue „Gewinnerspiele“ einzuprägen.

Das meiner Meinung nach interessanteste Meta-Spiel innerhalb des Mind-Mirrors nimmt den Spieler mit auf eine Tour durch acht Ebenen unserer Gesellschaft – das Ritz Restaurant, wo man mit englischen Ari­stokraten umgehen muss; die Playtime Villa, wo man seine sexuellen Phantasien tabulos ausleben kann; den Bankiers Club, wo man auf die Männer trifft, die Amerika regieren; eine Yuppie Computer Party; ein Elternabend unter Angehörigen der Mittelklasse; die Death Star Bar, wo jeder ein Außenseiter, Süchtiger oder Krimineller zu sein scheint; eine Kirche der Fundamentalisten; und schließlich eine Armenküche. Tatsäch­lich repräsentieren diese acht Raum-Zeit-Spielmatrizen vier neurologi­sche Polaritäten.

Wenn man im Ritz überzeugender auftritt als in der Armenküche, bedeutet das dominante Tendenzen, wenn man in der Armenküche bes­ser ist, hat man Unterwürfigkeit verinnerlicht. Ähnlich verrät die Play­time/Fundamentalisten-Polarität die Position zwischen Hedonismus und Angst; die Yuppie/Elternabend-Polarität misst den Grad von innovativen Fähigkeiten bzw. Konservatismus; und die Bankiers Club/Death Star­ Bar-Polarität zeigt, wo zwischen erfolgreichem amerikanischen Konkur­renzdenken (Reaganomics) und zorniger Entfremdung der Spieler steht.

Es entsteht tatsächlich ein ziemlich genaues Spiegelbild des Charak­ters. Wenn man sich in der Armenküche, der Death Star Bar und der Fundamentalistenkirche etwa gleich gut verhält, ist die Verliererrolle offensichtlich stark eingeprägt und man bewegt sich zwischen mürrischer Unterwürfigkeit und krimineller Auflehnung. Wer unter den Fundamen­talisten und mit der Eltern/Lehrer-Gruppe am besten zurechtkommt, ist zwar konservativ, aber noch nicht sicher in Unter- oder Mittelklasse, als permanenter Verlierer oder potentieller Gewinner einzuordnen. Wer sich sowohl im Ritz als auch im Bankiers Club gut behauptet, ist dominant und „feindselig“ (wettbewerbsorientiert), wer dagegen im Ritz und in der Playtime Villa, aber nicht bei den Bankiers gut ist, ist dominant, aber „freundlich“ (sophisticated). Wer sich in der Playtime Villa und auf der Computer Party am meisten zu Hause fühlt, ist ein dominant-innovativer oder visionärer Typ, aber wenn man auf der Computer Party und eher in der Death Star Bar als in „Hefnerland“ groß herauskommt, ist man ent­fremdet-innovativ und wahrscheinlich eine Art komischer Kauz mit krimi­nellen oder revolutionären Tendenzen. (Dies sind natürlich nur einige wenige der möglichen Permutationen.) Wenn man an einem dieser Schau­plätze immer wieder Fehler macht – z. B. immer wieder aus dem Bankiers Club hinausgeworfen wird – gibt der Computer Hinweise auf die Spiel­regeln der Leute, die dort zu Hause sind. (Ich kann mir vorstellen, dass es bald ähnliche Computerspiele geben wird, die Weltreisenden die lokalen Spielregeln und Tabus des Landes beibringen werden, das sie als nächstes besuchen wollen.)

Um eine Analogie aus Learys berühmten Essay „Wie man Verhaltens­weisen ändert“ heranzuziehen, sind ein Großteil menschlicher Konflikte und die meisten sogenannten „Geisteskrankheiten“ funktionell isomorph zu einem Individuum oder einer kleinen Gruppe, die ein Fußballfeld betritt und dort versucht, Basketball zu spielen. Ohne die Perspektive der Spieltheorie wird es für die Mehrheit so aussehen, als seien die Häretiker „verrückt“ oder „schlecht“. Die Ketzer dagegen werden denken, dass die Mehrheit sie verfolgt oder unterdrückt. Das Lernen der Spielregeln der acht hauptsächlichen sozialen Grundmuster kann den Mind Mirror-Spie­lern hoffentlich beibringen, schnell zu erkennen, wo sie sich befinden, wie das lokale Spiel abläuft und wie sie das richtige Spielfeld für ihr eigenes Lieblingsspiel finden.


Meine Erfahrungen mit Brain Machines
von Robert Anton Wilson ist in brain TECH: Mind Machines und Bewusstsein (1989), herausgegeben von Lutz Berger und Werner Pieper, erschienen.

Share