Religion
Nur so aus Scheiß
Das folgende Essay ist von solcher Brillanz und Vollkommenheit, dass kein einleitender Kommentar notwendig oder auch nur denkbar ist, außer, gleich all den Propheten, zu sagen,
Gehet hin und tuet desgleichen.
Hast du je die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass Gott eine verrückte Frau ist? Oder dass John Dillinger für dich gestorben ist? Glaubst du, dass es eine geheime Technik geben könnte, mit der die Erleuchteten buchstäblich Etwas aus Nichts erhalten? Könnten die Marsianer die wahre Religion haben, während wir Erdlinge in abergläubischer Dunkelheit verloren sind? Kann eine Tasse Kaffee ein Sakrament sein und, wenn nicht, warum nicht? Erklären die Mathematik der sechsdimensionalen Raumzeit und die Philosophie des Multi-Ego Pantheistischen Solipsismus das Universum?
Wenn dir bislang keine dieser metaphysischen Fragen durch den Kopf gegangen ist, liegt das daran, dass, wie jeder weiß, Irland die Eine Wahre Religion hat; aber in Übersee, in Amerika, wo sie vor der Revolution mit wenigstens einem Dutzend Wahrer Religionen begonnen hatten und dann absolute Religionsfreiheit in ihre Verfassung aufnahmen, haben sie jetzt buchstäblich Hunderte von Wahren Religionen und sie haben jede mögliche oder denkbare theologische Doktrin erkundet, einschließlich all der oben erwähnten Alternativen. Mit typisch amerikanischem Überschwang werden sie ohne Zweifel in der nahen Zukunft das Unmögliche und Undenkbare erkunden, da ihre Politik diese Elemente bereits enthält.
Natürlich ist sogar in Amerika absolute Religionsfreiheit nur relativ absolut. Es hat einige „Härtefälle“ gegeben. Im 19. Jahrhundert hat die Church of Jesus Christ of the Latter-Day Saints bzw. haben Mormonen die Absolutheit der Verfassung auf eine harte Probe gestellt, indem sie Polygamie praktizierten. Die Regierung entschied, das sei Zu Viel Religionsfreiheit und die Armee wurde gerufen, um die gesamte Mormonengemeinschaft, deren Zentrum damals in Salt Lake City lag, zu verhaften. Das war zweifellos verfassungswidrig und wäre ohne Zweifel letzten Endes vom obersten Gericht rückgängig gemacht worden, aber Brigham Young, das damalige Oberhaupt der Mormonen, hatte eine praktische neue Offenbarung, als er all die Gewehre und Bajonette sah: Gott oder der Engel Moroni (Mormonen haben zu beiden Zugang) erzählte Young, dass Polygamie nur notwendig gewesen war, während die Latter-Day Saints ihre Gemeinschaft aufbauten und nun nicht länger notwendig sei, wo die Gemeinschaft errichtet war. Ein Frontalzusammenstoß zwischen der Church und dem Staat war somit verhindert worden.
Ein ähnlicher „Härtefall“ ergab sich früh in diesem Jahrhundert und betraf die Native American Church, die auf Indianer beschränkt ist oder, wie sie lieber genannt werden, amerikanische Ureinwohner. Die NAC benutzt den psychedelischen Kaktus Peyote bei ihren Riten; die Regierung entschied, sie seien Junkies und belangte sie. Das oberste Gericht bestätigte das Recht der amerikanischen Ureinwohner, mit ihrer tradierten Religion fortzufahren. (Das wurde von einzelstaatlichen Gerichten wegen eines Zustroms von Menschen in die NAC, deren amerikanische Ureinwohnerschaft zweifelhaft war, abgeändert. In den meisten Staaten müssen Mitglieder der NAC-Gemeinden heute nachweisen, dass sie wenigstens zu 25% indianischer Abstammung sind, um der Strafverfolgung zu entgehen.)
Ein weiterer „Härtefall“ bzw. mehrere „Härtefälle“ wurden von den Zeugen Jehovas provoziert, die sich weigern, in der Streitmacht zu dienen oder der Flagge zu salutieren oder Bluttransfusionen zu empfangen oder zu erlauben, dass ihren Kindern Bluttransfusionen gegeben werden. Das oberste Gericht bestätigte das Recht der ZJ, sich des Krieges zu enthalten, aber entschied ursprünglich, dass sie der Flagge salutieren müssten; diese spätere Entscheidung wurde von einem späteren obersten Gericht wieder aufgehoben. Um die Angelegenheit der Bluttransfusion wird immer noch in den staatlichen Gerichten gekämpft, die größtenteils das Recht der Krankenhäuser bestätigt haben, einem Kind, dessen Leben eindeutig in Gefahr schwebt, Bluttransfusionen zu geben, sogar wenn der Religion der Eltern dadurch getrotzt und die Verfassung ein wenig gebeugt wird.
Man sieht: Amerikanische Religionsfreiheit ist nur relativ absolut, aber dicht genug dran, damit fast jeder Kult oder jede Sekte auf dem, was der Oberste Richter Oliver Wendell Holmes einmal den amerikanischen „freien Markt der Ideen“ nannte, missionieren kann.
Ein modifizierender Einfluss blieb, um metaphysische Anarchie aufzuhalten: Die Gerichte hatten eine Tendenz, jede Sekte, die von einer Person angeführt wurde, die nicht irgendwann in ihrer Karriere eine Ordination von einer älteren, etablierten theologischen Akademie erhalten hatte, als Schwindel zu betrachten. Die ersten Erosionen dieses konservativen Prinzips begannen, als billige östliche Arbeitskräfte importiert wurden, gefolgt von nicht-so-billigen östlichen Gastronomen und dann folgten schließlich die östlichen Religionsführer, von billig bis teuer. Die großen östlichen Religionen des Buddhismus, Hinduismus und Taoismus sind weder zentralisiert noch hierarchisch: Jemand wird zum religiösen „Führer“, indem er Schüler hat, die ihn als „Führer“ ansehen. Die amerikanischen Gerichte haben sich schrittweise dahin bewegt, das zu akzeptieren, zumindest, wenn es um Orientale geht. Die einzigen gerichtlichen Schritte, und auch nur gegen die umstrittensten Gurus, waren die Verhaftung von Rev. Sun Myung Moon wegen Steuerdelikten und die kürzliche Festnahme von Bhagwan Rajneesh wegen Verletzung der Einwanderungsgesetze. Da diese beiden Heiligen Männer von den meisten Amerikanern für äußerst widerlich und schändlich gehalten werden, deutet diese Vermeidung theologischer Konfrontation entweder darauf hin, dass immer noch relativ absolute Religionsfreiheit herrscht oder dass – wie Schüler dieser ehrwürdigen Herren behaupten – die amerikanischen Gerichte in ihrer Behandlung von Ketzern heimtückisch werden.
Yippie! Freie Ordinationen für Jedermann!
Indes begann ein weiterer Schritt dahin, das relativ Absolute zum absolut Absoluten zu machen, mit Rev. Kirby Hensley, einem schelmischen, spitzbübischen Burschen, der seine Ordination durch ein legales, aber verrufenes Versandseminar erhielt. Um dir eine Vorstellung von Rev. Hensleys Charakter zu geben: Er erzählt allen Interviewern, dass er Analphabet sei und dass er seine theologischen Qualifikationen erhalten habe, indem seine Tochter ihm die Prüfungsfragen vorlas und er ihr dann die Antworten diktierte, die sie aufschrieb. Auf seiner eigenen Unwissenheit beharrend, nicht nur in Bezug auf Theologie, sondern auch in Bezug auf fast alles andere, behauptet Rev. Hensley, dass jeder Mann, jede Frau und jedes Kind das Recht habe, ein ordinierter Geistlicher zu sein. Zu diesem Zweck hat er, sozusagen als desinteressierte Stiftung, die Universal Life Church gegründet, die jeden ordiniert, kostenlos und ohne Prüfung. Um in dieser grausamen Welt über die Runden zu kommen, hat Rev. Hensley eine zusätzliche Klausel hinzugefügt: Man kann auch einen Doktorgrad in Theologie von der Universal Life Church erwerben, aber der kostet über 20 Dollar. Das Diplom ist recht ansehnlich und sicherlich 20 Dollar wert; richtig eingerahmt und an die Wohnzimmerwand gehängt, wird es ganz sicher die Nachbarn beeindrucken, es sei denn, sie haben schon von der Universal Life Church gehört.
Als Journalisten aufdeckten, dass einige Scherzbolde Ordinationen für ihre Hunde, ihre Katzen und sogar solch schillernde Haustiere wie Papageien oder Schimpansen von der ULC erstanden hatten, war Rev. Hensley kein bisschen beschämt. Er machte tatsächlich die Bemerkung, dass von Gottes Geschöpfen alle heilig seien und fuhr damit fort, Madalyn Murray O’Hair zu ordinieren, die vehementeste und umstrittenste Atheistin in den USA.
Was ist eine Ordination von der ULC wert? Nun, Ehen, die durch ULC-Geistliche geschlossen wurden, sind in allen Staaten anerkannt, und viele ULC-„Graduierte“ haben ihre eigenen Kirchen oder Sekten gegründet; in vielerlei Hinsicht ist nach amerikanischem Recht ein ULC-Pfarrer genauso legitim wie jeder andere Pfarrer oder Priester oder Rabbi oder Guru. Der einzige riskante Bereich ist der der Steuerbefreiung. De jure haben Gerichte noch kein Urteil in dieser Angelegenheit gefällt; de facto versucht das Finanzamt nur dann Steuern einzuziehen, wenn die Umstände derart sind, dass ihnen die Ordination nur ein Trick zu sein scheint, Steuern zu vermeiden. Das geschah vor einigen Jahren, als alle Farmer in einem Teil des Staates New York en masse ordiniert wurden; die Finanzbeamten betrachteten das als unverhohlenen Schwindel – und schlechtes Beispiel obendrein – und fielen über die Bankkonten der Beteiligten her. ULC-Geistlichen, die sich klar dafür engangieren, eine Religion – irgendeine Religion – zu verbreiten, wird im Allgemeinen die gleiche Steuerbefreiung gewährt wie weniger exzentrischen Kirchenleuten.
Rev. Hensley erzählt jedem Fragesteller, er wolle, dass die Regierung versucht, ihn zu besteuern. Er plant, eine Gegenklage wegen Diskriminierung einzureichen und zu verlangen, dass die Regierung entweder damit anfängt, auch andere Kirchen zu besteuern oder ihn und seine Ordinierten in Ruhe lässt, einschließlich dieser Farmer aus New York. Er sagt das jetzt bereits seit 15 Jahren, aber das Finanzamt lässt ihn vollkommen in Frieden.
Ich glaube allerdings, dass man sich an ihn als den Mann erinnern wird, der die Schleuse öffnete und aus relativ absoluter Religionsfreiheit die absolut Absolute machte. Er zeigte den Einfallsreicheren und Ungezogenen, wie man zum schieren Vergnügen in das Religionsspiel einsteigen kann.
Ronald Reagan trifft Mahatma Gandhi
Die Reformierten Druiden von Nordamerika (RDNA) entstanden 1957 auf einem kleinen College und waren anfangs nur ein Scherz. Die Anstifter waren freidenkende Studenten, überwiegend irisch-amerikanische, die die Vorschrift störte, einmal in der Woche in die Kirche gehen zu müssen. Aus Protest und als Parodie verkündeten sie, dass sie Druiden seien und Haine ihre Kirchen. Die RDNA begab sich ursprünglich nur in diese bewaldeten Heiligtümer, um Irish Mist zu trinken oder Gälisch-Übungen auszutauschen; bald jedoch wurde ein offizielles Ritual geschrieben und dann mehrmals umgeschrieben, als verschiedene Mitglieder in ihren Studien der gälischen Sprache und Geschichte fortschritten. Zweige des neuen Druidentums, „Haine“ genannt, tauchten bald an anderen Universitäten auf; die Anführer, die man Erzdruiden nannte, erlernten Gälisch und erwarben Ordinationen vom guten alten Rev. Hensley, die sie zu legalen Geistlichen machten. Einige Erzdruiden wurden zu ernsthaften Gälisch-Gelehrten, so wie P.E. Isaac Bonewits, Autor des vielgelesenen okkulten/anthropologischen Textes Real Magic und der erste Mensch, der einen Grad in Schamanismus an der Universität von Kalifornien erworben hat.
Aber weil die RDNA als Streich begonnen hat, bewahrt sie immer noch eine gewisse Entrücktheit.
Irish Mist wird bei allen Zeremonien immer noch reichlich verwendet; die Erzdruiden haben Ketzerei nicht nur gestattet, sondern dazu ermutigt, basierend auf dem Grundsatz: Je mehr Leute über religiöse Themen nachdenken, desto besser; und nur ein Dogma wird von allen, oder fast allen Hainen verkündet, nämlich „Die Natur ist gut“.
Die erste Ketzerei, die sich von der RDNA abzweigte, waren die Chassidischen Druiden von Nordamerika oder CDNA, die von dem oben erwähnten P.E. Isaac Bonewits ins Leben gerufen wurden. Chassidisches Druidentum verbindet jüdische (chassidische) mystische Praktiken mit druidischer Naturverehrung, borgt sich heiter, was immer es braucht, von irgendeiner anderen Religion dieser Welt (etwas, das amerikanische Unitarier übrigens auch tun) und verwendet den Trinkspruch „Nächstes Jahr bei Stonehenge“ anstatt des traditionellen jüdischen Trinkspruches „Nächstes Jahr in Jerusalem“.
Die RNADNA – Reformierte Nicht-Aristotelische Druiden von Nordamerika, aber die Initialen zielten auch darauf ab, RNA und DNA anzudeuten, die beiden organischen Moleküle, die das Leben möglich machen – verbindet Druidentum mit der nicht-aristotelischen Logik des polnisch-amerikanischen Mathematikers und Philosophen Graf Alfred Korzybski. Die Mitglieder gehorchen bestimmten sprachlichen Tabus – die Korzybski „Angelegenheiten semantischer Hygiene“ nannte – und werden zum Beispiel das Wort „ist“ nicht verwenden, da es Gewissheit impliziert und Korzybski glaubte, Menschen nach Einstein sollten relativistisch sprechen. Somit wurde das Druidendogma „Die Natur ist gut“ umformuliert zu „Die Natur scheint gut“. Die RNADNA-Leute werden auch nie etwas sagen wie „Beethoven ist besser als Mozart“, sondern bloß „Beethoven erscheint mir, in diesem Stadium meiner musikalischen Bildung, besser als Mozart“. Sie vermeiden auch „alles“, weil es Allwissen impliziert; das bewahrt sie vor Rassismus, Sexismus und Dogmatismus, da das Schlimmste, was sie über irgendeine Gruppe von Menschen sagen können, etwas wäre wie: „Einige Mitglieder dieser Gruppe erscheinen mir in diesem Stadium meiner Bildung abstoßend.“ Abgesehen von diesen Regeln gehen RNADNA-Haine genau wie RDNA-Haine hinaus in die Wälder, trinken Irish Mist und kommunizieren mit dem, was andere Druiden „Natur“ nennen und die RNADNA als „die nonverbale Ebene“ bezeichnet.
Eine dritte Ketzerei, Druiden-Hexentum, ist mit dem Wiedererwachen von Wicca bzw. Hexentum verschmolzen, das in den 30ern von einem exzentrischen Engländer begonnen wurde, der auf der Isle of Man lebte und Gerald Gardner hieß. Gardner war zu einem großen Teil Schaumschläger und zu einem kleinen ein echter Visionär und behauptete, dass Wicca die älteste Religion in Europa sei, wegen der Verfolgung durch das Christentum in den Untergrund getrieben worden war und ihm von überlebenden Mitgliedern eines Zirkels, der seit dem Steinzeitalter bestand, beigebracht wurde – alles davon wird von jedem ernsthaften Gelehrten bezweifelt, der die Beweise untersucht hat. Gardner behauptete auch, ein Anthropologe zu sein, war aber höchstens ein cleverer und einfallsreicher Amateur auf diesem Gebiet. Im Wesentlichen verehrt Gardners hausgemachtes Hexentum eine weibliche anstatt einer männlichen Gottheit, zieht es vor (wie die Druiden), Rituale an waldigen Plätzen statt in Kirchen durchzuführen und ist seit Gardners Tod zunehmend unter den Einfluss des Feminismus geraten. Es hat Zirkel statt Haine und jeder Zirkel begründet mehr oder weniger sein eigenes Dogma – manche neigen zu Reinkarnation, Atlantis und solchen Dingen, andere nicht –, aber alle neigen zu dem gegenwärtigen Glauben, dass männliche Götter und männliche Herrschaft für Krieg, Umweltverschmutzung, Intoleranz und die meisten unserer sozialen Probleme verantwortlich seien; Frieden und Utopia würden anbrechen, wenn die Welt zur Anbetung der Göttinnen zurückkehrt und sexuelle Gleichheit erreicht wird.
Seltsamerweise wurde dem Glauben, dass sich die Welt am Rande des Wiederauflebens der Anbetung von Göttinnen befinde, von einigen bedeutenden Gelehrten Ausdruck verliehen, einschließlich des Historikers Arnold Toynbee, des Psychologen Carl Jung, des Dichters Robert Graves und des Anthropologen Joseph Campbell. Hexen wissen das und zitieren diese Autoritäten gerne, wenn sie im Fernsehen interviewt werden.
Wenn Wicca sich auf der einen Seite ein bisschen mit dem Druidentum verbunden hat, wurde es auf der anderen Seite aufgrund der teilweisen Verschmelzung mit der Church of All Worlds oder CAW durch Science-Fiction infiltriert. Die CAW wurde 1974 gegründet und zeichnet sich dadurch aus, dass sie die erste Religion der Geschichte ist, die ausdrücklich auf einem Science-Fiction-Roman gegründet wurde – Robert A. Heinleins Stranger in A Strange Land. „Stranger“ war ein Bestseller in den 60ern und wird heute immer noch gedruckt; es erzählt die Geschichte von Michael Valentine Smith, der als Kleinkind als Einziger den Absturz einer NASA-Rakete auf dem Mars überlebte.
Smith wird von Marsianern großgezogen und schließlich von einer anderen NASA-Weltraummannschaft gefunden, kehrt zur Erde zurück und stellt fest, dass die Erdenmenschen erbärmlich, unglücklich, kriegerisch und böse sind; er macht sich daran, uns zu reformieren, indem er die Religion der Marsianer predigt – die sich als eine rationalistische und pantheistische Version des Zenbuddhismus herausstellt. Ein Fan dieses Romans, Timothy Zell – damals ein Sozialarbeiter in einer Psychiatrie in St. Louis – war so fasziniert, dass er sich eine Ordination von Rev. Hensley besorgte und die CAW gründete, die heute Verbände – Nester genannt – in jeder großen Stadt in den USA hat. Die Mitglieder sagen, dass eine Religion, die auf einem Science-Fiction-Roman basiere, nicht absurder sei als eine, die auf den Legenden der alten Hebräer beruhe, oder eine, die auf den Offenbarungen eines Engels namens Moroni gegründet wurde.
Die grundlegende Lehre der CAW, die direkt Heinleins Roman entnommen ist, lautet: „Du bist Gott“. Nachdem sie an Wicca und den Feminismus angekoppelt wurde, sagt die CAW heute nur zu männlichen Mitgliedern „Du bist Gott“ und „Du bist Göttin“ zu weiblichen. Zeremonien, die Teilen des Wassers genannt werden, sind recht entzückend und stammen auch aus Heinleins wissenschaftlicher Fantasie. Was den Rest betrifft, ist die Theologie rationalistisch, individualistisch und liegt politisch irgendwo zwischen extrem libertär und gewaltfrei anarchistisch. Du wirst dir ein Bild davon machen können, wenn ich sage, dass die politischen Äußerungen der CAW oft klingen wie eine explosive und instabile Mischung aus Ronald Reagan und Mahatma Gandhi.
Der Gründer Tim Zell, der sowohl in der CAW als auch im Wicca aktiv ist, hat im Folgenden durch irgendeine Art von chirurgischer Operation oder genetischem Hokus-Pokus eine einhörnige Ziege erschaffen, die er als Einhorn bezeichnet und die heute ein Ausstellungsstück im Zirkus ist. Zell selbst brach letzten März Richtung Südpazifik auf, um sich auf die Suche nach einer Meerjungfrau zu begeben. Ich habe den Mann getroffen und ich bin ziemlich sicher, dass er irgendetwas zurück bringt, das uns amüsieren und verblüffen wird.
Die amerikanische Kaffeezeremonie
1967, nachdem er von der Harvard-Universität dafür gefeuert wurde, dass er seltsame Vorstellungen hatte (aber bevor er inhaftiert wurde), veröffentlichte Dr. Timothy Leary, Amerikas umstrittenster Psychologe, ein Pamphlet mit dem Titel „Beginne Deine eigene Religion“, das darauf drängt, dass jedes Haus ein Schrein sein sollte, jeder Mann ein Priester und jede Frau eine Priesterin. Amerika war zu der Zeit reif für eine solche Idee. Rev. Hensley lieferte die Ordinationen und Metatheologie, und die hausgebraute Metaphysik florierte.
Die Neo-Amerikanische Kirche, die von dem Psychologen Arthur Kleps gegründet wurde – einem Freund und früheren Mitarbeiter von Leary –, war der Native American Church nachgebildet, außer, dass sie allen Rassen offenstand, nicht nur Indianern, und Peyotl in ihren Sakramenten durch LSD ersetzte. Die Neo-Amerikanische Kirche hatte nicht lange Bestand; die Gerichte entschieden tatsächlich, dass das Einnehmen von Drogen in einem religiösen Zirkel für Indianer legal sei, weil es eine Tradition darstelle, aber nicht für Weiße, weil die Religion „nur eine Entschuldigung“ sei, die Droge einzunehmen. Kleps, der Gründer (der sich selbst den Primas nennt und andere Priester die Boo-Hoos), beschwerte sich, dass das offener Rassismus sei, aber das Argument vermochte die Richter nicht zu überzeugen. Die Neo-Amerikanische Kirche ist heute entweder nicht-existent oder befindet sich tief im Untergrund; allerdings ist der „Neo-Amerikanische Katechismus“, der von Kleps selbst geschrieben wurde, immer noch im Druck. Es ist ein sehr witziges Buch, das Elemente aus dem Buddhismus und Solipsismus verbindet sowie urkomische Voltaire´sche Polemik gegen die „Christen, Juden und Atheisten“, die sich weigern zuzugeben, dass LSD ein Sakrament ist.
Die Sekte der Rastafari, die auf den Westindischen Inseln gegründet wurde, hat Zweige in vielen amerikanischen Städten, ist jedoch auf Schwarze beschränkt. Sie verwendet Cannabis als Sakrament, verehrt den verstorbenen Kaiser Haile Selassie und behauptet, der Papst sei der „Pate der Mafia, Imperiale Hexenmeister des Ku Klux Klan und ganz allgemein der Antichrist“. Mitglieder werden regelmäßig wegen Cannabis-Besitzes oder -Schmuggels verurteilt, aber die Rastafarikirche selbst ist trotz ihrer Exzentrität nicht illegal.
Die Javakreutzer, eine Gruppierung, die verdächtig nach einer Parodie der Rosenkreutzer aussieht, verwendet das weniger umstrittene Koffein als Sakrament. Sie hat auch die einfachste Theologie der Geschichte, die lehrt, dass nur eine Sache für die Erlösung notwendig sei: die amerikanische Kaffeezeremonie – eine Variante der japanischen Teezeremonie. Diese wird bei Tagesanbruch durchgeführt, und man muss sich gen Osten, hin zur aufgehenden Sonne wenden, während man die Tasse an seine Lippen hebt. Wenn man den ersten Schluck nimmt, muss man mit leidenschaftlicher Inbrunst rufen: „GOTT, das habe ich gebraucht!“ Wenn dies jeden Morgen religiös durchgeführt wird, sagen die Javakreutzer, werde man allen Herausforderungen des Lebens mit einem klaren Bewusstsein und ruhigen Geist gegenübertreten.
SFMB – die Society of Fred Mertz, Boddhisattva – wurde von dem finnisch-amerikanischen Dichter Antero Alli gegründet und behauptet, dass alle Weisheit in den scheinbar dummen Bemerkungen von Fred Mertz enthalten sei, einer Nebenfigur aus der Fernsehserie „I Love Lucy“. Indem man „Lucy“-Wiederholungen ansehe und über die anscheinend banalen Dinge meditiere, die Fred sagt – z.B. „Ich weiß nicht, was hier vor sich geht“ oder „Ich verstehe die Frauen einfach nicht“ – werde man, so behauptet diese Sekte, die gleiche Erleuchtung finden wie bei der Kontemplation zenbuddhistischer Koans, wie etwa „Was ist der Klang einer einzelnen klatschenden Hand?“ Und genau wie im Zen, wo Studenten oft gezwungen sind, über solche Einsilber wie „Mu“ (nein) zu meditieren, würde dich die SFMB Sekte bitten, über solche Mertziana zu meditieren wie „Häh?“ oder „Auuuu!“, bis du das spürst, was Joyce als Offenbarung sogar im trivialsten Sinne bezeichnet hätte.
Die Kirche Satans, mit ihrem Hauptquartier in San Francisco (natürlich) und Zweigen in vielen Städten der USA und einigen wenigen Verbänden in Europa, wurde von einem Zirkusgehilfen namens Anton Szandor Lavey gegründet. Sie hat eine Satanische Bibel, die von Lavey verfasst (und W.C. Fields und P.T. Barnum gewidmet) wurde. Sie behauptet Luzifer, Beelzebub, Ashtoreth und eine Million anderer Dämonen anzurufen, und findet Vergnügen darin, fromme Christen zu Tode zu ängstigen. Abgesehen von ihrem diabolischen Wesen hat die Kirche keine rechtlichen Scherereien – außer kurz einmal, als Nachbarn sich beschwerten, dass Laveys Hauslöwe nachts brüllte und sie wach hielt – und die Mitglieder beschränken sich selbst auf Blasphemie, darauf, ihre Feinde zu verfluchen, und auf rituellen Ausdruck verbotener Gefühle (eigentlich ganz ähnlich wie viele andere kalifornische Selbsthilfegruppen). Keiner von ihnen wurde je wegen schwerer Verbrechen verhaftet. Ich vermute sogar, dass sie selbst das Gerücht in die Welt gesetzt haben, sie würden durch das Seifenimperium Procter & Gamble finanziert; sie sind ziemlich skrupellose Scherzbolde.
Die Campus-Kampagne für Cthulhu betritt im Allgemeinen an jeder Universität die Bühne, an der sich die Campus-Kampagne für Christus gut etabliert hat, und widmet sich überwiegend dem Enervieren der Letzteren. Die Cthulhuisten verehren ein Monster, das ursprünglich in den Schundhorrorromanen von H.P. Lovecraft auftauchte. Lange Zeit dachte ich, diese besondere Sekte würde sich nie über Parodie und Satire hinaus entwickeln, aber kürzlich hat die Kirche Satans Cthulhu neben all den anderen Dämonen in ihren Pantheon aufgenommen.
Die Campus-Kampagne für Christus hat Autoaufkleber, die ihre Mitglieder auf ihren Autos zur Schau stellen und die verkünden „Ich habe Es gefunden“. Die Cthulhuisten haben ihre eigenen Autoaufkleber, die besagen „Es hat mich gefunden“ – und die Church of All Worlds hat jetzt einen, auf dem steht „Du Bist Es“.
Auch du kannst ein Papst sein Ernsthafter oder zumindest weniger verzweifelt ist die Diskordische Gesellschaft und/oder Paratheo-Anametamystikschaft der Eris Esoterik, eine anarchistische Sekte, die absichtlich in zwei feindlich gesinnte Gruppen unterteilt ist, die beide behaupten (ich zitiere), „die erste Wahre Religion“ zu sein. Wie die Hexen verehren die Diskordier eine weibliche Gottheit, sagen aber, dass Sie verrückt sei. Ihr Name lautet in Wirklichkeit Eris, und die alten Griechen kannten sie als die Göttin des Chaos; Diskordier behaupten, sie sei auch die Göttin der Verwirrung, Zwietracht und Bürokratie. Die Diskordische Orthodoxie, angeführt von „Ho Chih Ten“ (wirklicher Name: Kerry Thornley), behauptet, dies sei durch einen wundersamen sprechenden Schimpansen offenbart worden, der 1957 auf einer Bowlingbahn in Yorba Linda, Kalifornien erschien. Die POEE-Sekte weist das rundheraus zurück, sagt, es sei abergläubischer Unsinn, der die Leichtgläubigen anziehen solle und beweist die Existenz von Eris mit fünf Beweisen, die allesamt logische Monstrositäten sind und sich eigentlich auf einen Beweis reduzieren lassen – nämlich: „Wenn Eris nicht existiert, wer hat das ganze Chaos ins Universum gebracht, du verdammter Atheist?“
Der Hohepriester des Haupttempels (seine Orthographie) der POEE ist „Malaclypse der Jüngere, Allgütiger Polyvater der Jungfräulichkeit in Gold“ (wirklicher Name: Gregory Hill), der natürlich durch den stets hilfreichen Rev. Hensley zum Pfarrer ordiniert wurde. Diese Religion verfügt über ihre eigene Bibel von Malaclypse, genannt Principia Discordia, oder wie ich die Göttin fand und was ich mit ihr anstellte, nachdem ich sie gefunden hatte, und hat Kabale – nicht Kirchen oder Haine oder Zirkel, nicht einmal Nester – überall in den USA, in England, Australien, Kanada und sogar eine in Hongkong. Die Oberhäupter der Kabale, die Episkopi genannt werden, haben alle seltsame Namen und Titel, z.B. leitet Camden Bernares (Autor von Zen Without Zen Masters) die Los Angeles Kabale der Eris Esoterik, Onrak der Rückwärtige leitet die Colorado Inkrustation, und die Kabale von Berkeley wird geführt von Lady L, Beschissene Anarchisten-Schlampe – ein Titel, so erklärt sie, der ihr von Eldridge Cleaver während einer politischen Debatte verliehen wurde.
Die Diskordier haben sich daran gemacht, Hensley zu übertrumpfen, indem sie jeden Mann, jede Frau und jedes Kind auf dem Planeten zu einem Papst machen. Sie bewerkstelligen das durch Massenverteilung von Papstkarten und haben natürlich nicht davon abgesehen, eine davon dem Gegenpapst in Frankreich zu schicken und eine dem Burschen im Vatikan, der immer noch denkt, er wäre der einzige Papst. Alle Angestellten des Pentagons sind wohl oder übel diskordische Heilige, ob sie wollen oder nicht, seit Malaclypse sie heiliggesprochen und in einen heiligen Orden namens „Ritter der Fünfseitigen Burg“ unter der Schirmherrschaft von St. Quixote aufgenommen hat. Das Pentagon selbst ist ein religiöser Schrein, von dem man sagt, er verkörpere das vollkommene Gleichgewicht von Chaos und Bürokratie. Jeder, der den Diskordianismus als blasphemisch oder absurd ablehnt, ist ebenfalls ein ehrenamtlicher Heiliger aus dem Haus des Aufsteigenden Misch, während Diskordier Heilige aus dem Haus des Aufsteigenden Masch sind.
Diskordianismus scheut das Dogma, hat aber ein Catma, die Syadastische Affirmation, die lautet: „Alle Affirmationen sind in gewissem Sinne wahr, in gewissem Sinne falsch, in gewissem Sinne bedeutungslos, in gewissem Sinne wahr und falsch, in gewissem Sinne wahr und bedeutungslos, in gewissem Sinne falsch und bedeutungslos und in gewissem Sinne wahr und falsch und bedeutungslos.“ Diskordier nennen das das Freie Mantra – anders als die Transzendentale Bewegung nehmen sie keine Gebühren – und bestehen darauf, dass, wenn du es 666 mal wiederholst, du spirituelle Erleuchtung erlangen wirst – in gewissem Sinne.
Viele moderne amerikanische Autoren sind durch den Diskordianismus beeinflusst worden, wie man in Spinrads Agent of Chaos, Tom Robbins Another Roadside Attraction und der berüchtigten Illuminatus!-Trilogie sehen kann; die diskordische Besessenheit mit der Zahl 23 taucht dieser Tage auch in einigen Hollywood-Filmen auf. Diskordische Theologie wird nüchtern in Drawing Down The Moon besprochen, einer seriösen soziologischen Studie des Neuheidentums in Amerika von Margot Adler, Enkelin des Psychologen Alfred Adler.
WITCH – die Women’s International Terrorist Conspiracy from Hell – übernimmt eine Menge vom Wicca und dem Diskordianismus. Sie ist wahrscheinlich keine Kirche, nicht einmal nach amerikanischen Standards, und betätigt sich hauptsächlich im Straßentheater und darin, den Monotheismus zu verspotten sowie die Männerherrschaft und das Establishment im Allgemeinen.
Der Orden des Goldenen Kalbs hatte eine kurze Laufbahn, scheint aber mittlerweile erloschen. Die Mitglieder, die alle in Berkeley, Kalifornien, lebten, hatten eine prächtige goldene (oder Goldimitat-) Statue eines Kalbs und trugen sie durch die Gegend zu Orten, an denen andere Sekten auf den Straßen missionierten. Dort vollzogen sie eine Anbetung des Kalbs, verteilten Broschüren, die ihr Idol als „erstes Opfer monotheistischer Engstirnigkeit“ beschrieben und jeden dazu ermahnten, „ein bisschen lockerer zu werden“.
NROOGD – was bedeutet: New Reformed Orthodox Order of the Golden Dawn, aber nroogd ausgesprochen wird, wenn man es schafft – ist die größte heidnische Kirche in Kalifornien, obwohl sie als Witz begann und von einem ihrer drei Gründer, Dr. Aiden Kelly, der einen richtig echten Doktor in Theologie vom Union Theological College hat, abgelehnt wurde. NROOGD verbindet Rituale druidischer Hexerei und der CAW, Theologie aus dem Diskordianismus und gewichtige Symbolik aus der Dichtung von Yeats (ein früherer Held Dr. Kellys). Er läuft ohne seinen ehemaligen Barden fröhlich weiter, versammelt sich in öffentlichen Parks, um die Göttin anzubeten, Mantras zu rezitieren, zu tanzen, singen und sich mit Irish Mist und Jameson’s die Kante zu geben sowie verschiedenen seltsamen Chemikalien, die die ungezogeneren Mitglieder mitbringen.
Dr. Kelly ist zum römischen Katholizismus zurückgekehrt und hat vor kurzem gesagt, „NROOGD ist eine Metapher. Katholizismus ist eine andere Methapher. Ich bin im Grunde genommen ein Dichter.“ Wenn das nicht klar ist, versuche es 666 mal zu wiederholen, so wie das diskordische Mantra.
Die „John Dillinger Died For You Society”, die von einem anonymen „Dr. Horace Naismith“ geleitet wird (angeblich tagsüber ein Playboy-Redakteur und nur nachts ein Irrer), erkennt John Dillinger als ihren Retter an, den Gangster, der 23 Banken und 3 Polizeistationen ausraubte, bevor er 1934 von FBI-Agenten erschossen wurde. JDDFYS-Mitglieder legen jedes Jahr an seinem Todestag, dem 22. Juni, Gedächtniskränze und Blumengestecke vor das Biograph-Theater, wo Dillinger niedergeschossen wurde. Ihre spirituelle Hauptlehre kommt von Mr. Dillinger, den sie St. John den Märtyrer nennen, und besteht aus den Worten: „Legt euch auf den Boden und bleibt ruhig.“ (St. John sagte das oft zu nervösen und aufgewühlten Bankangestellten, bevor er ihre Kassen plünderte.) Jedes Mitglied, das von Dr. Naismith ordiniert wird, erhält eine Mitgliedskarte, die ihn oder sie zu einem Assistenzschatzmeister macht, der dazu befugt ist, den Zehnten von jedem neuen Schüler zu kassieren, der naiv genug ist, ein Schüler zu bleiben und nicht auch ein Assistenzschatzmeister zu werden, indem er Naismith wegen einer Karte anschreibt.
Macht! Sex! Erfolg! Geld!
Das Beste – oder Schlechteste – habe ich mir für den Schluss aufgehoben. Die Kirche der Minderbegabten in Dallas hat einiges von all den oben erwähnten übernommen und von jeder anderen Religion dieses Planeten, benutzt eine leistungsstarke Werbetechnik im Stile der aggressivsten christlichen Massenprediger und verspricht in Großbuchstaben, dich das Geheimnis von MACHT! und SEX! und ERFOLG! und GELD! zu lehren. Sie wird dich auch mit ÜBERNATÜRLICHEN KRÄFTEN in Kontakt bringen, vor DER VERSCHWÖRUNG retten und dir sogar zeigen, wie man SLACK erreicht und buchstäblich Etwas für Nichts bekommt. Das ist zugegebenermaßen ein großer Auftrag, aber der Gründer J.R. „Bob“ Dobbs ist kein gewöhnlicher Sterblicher. Genau genommen ist es alles andere als klar, ob irgendjemand „Bob“ überhaupt jemals tatsächlich gesehen hat, und die Werbung der Minderbegabten deutet dunkel an, dass, bevor ein gewöhnlicher Mensch ein Treffen mit „Bob“ überleben könne, er nach Dobbstown, irgendwo in Südamerika, gehen und sich einer speziellen Operation unterziehen müsse, um „das dritte Nasenloch zu öffnen“. Doch sogar dann, so wird gewarnt, kann es sein, dass man von einer solchen Nahbegegnung mit entzündeten Augen, Kopfschmerzen, völliger oder teilweiser Amnesie und anderen Stigmata von Leuten, die mit UFOs Kontakt hatten, zurückkehrt, und man wird wahrscheinlich von Agenten der VERSCHWÖRUNG schikaniert, die an der Tür auftauchen, vorgeben, Zeugen Jehovas zu sein und versuchen, hinein zu gelangen, um einen einer Gehirnwäsche zu unterziehen.
J.R. „Bob“ Dobbs war angeblich ein gewöhnlicher Verkäufer von Aluminium-Fensterverkleidungen, bis er 1957 L. Ron Hubbard traf – Gründer der berühmteren Scientology-Kirche – und das Geheimnis der Macht lernte. „Bob“ ist heute sagenhaft reich, vielleicht sogar reicher als Hubbard, und bietet in verschiedenen Büchern und Pamphleten an, die zwischen 1 und 25 Dollar kosten, auch dich das Geheimnis zu lehren. Es wird offen zugegeben, dass diese metaphysischen Werke für den Unerleuchteten „unverständlich“ oder „unsinnig“ aussehen, aber es wird fest versprochen, dass, wenn du genügend davon kaufst, sie auf dem Klo aufbewahrst und oft konsultierst, du letztlich SLACK erlangst und das Geheimnis verstehst und begreifst, wie man es benutzt.
Ich glaube, ich habe das Geheimnis der Macht gefunden. Es befindet sich in einer der billigeren Minderbegabten-Veröffentlichungen, „Weitere Zitate und mehr Häme von Bob“, und darin heißt es: „Weißt du, wie blöd der Durchschnittstyp ist? Nun, gemäß Definition ist die Hälfte von ihnen sogar noch blöder.“ Andererseits mag es in anderen Juwelen der Dobbsiana liegen wie: „Iss einen Hamburger nicht einfach nur – eat the HELL out of it“ oder „Scheiß auf sie, wenn sie keinen Spaß verstehen,“ oder vielleicht sogar in dem finsteren Spruch: „GOD rückwärts geschrieben ergibt DOG, aber BOB rückwärts geschrieben ergibt immer noch BOB“.
Wenn dich nichts davon zu SLACK führt, kannst du die dickeren, teureren Minderbegabten-Veröffentlichungen kaufen, in denen du einer ganzen Kosmologie, Philosophie und Eschatologie begegnen wirst, die Jehova 1, den „Raum-Gott“, der aus einer Klapsmühle in einer anderen Galaxie entkommen ist, umfasst, sowie: Eris, die Göttin des Chaos, von den Diskordiern übernommen; Spider Man; Den Unglaublichen Hulk; und Bobs kosmischen Kampf gegen DIE VERSCHWÖRUNG, die all die Anführer der gegnerischen Kirchen und Sekten einschließt, zusammen mit den Rockefellern, Bilderbergern, Illuminati, Feindlichen UFOs, Nazi-Höllenkreaturen und Kommunistischen Klonen. Du wirst auch wiederholt davor gewarnt, dass die Welt morgen enden könnte, es jedoch länger dauert, als du erwartest und viel schmerzhafter sein wird, als sich irgendjemand vorstellen kann, doch sogar das ist egal, wenn du SLACK bekommst.
SLACK zu erhalten – wie im östlichen Mystizismus Erleuchtung zu erlangen oder ES beim Erhard Seminartraining (est) – kann nicht mit Worten beschrieben oder vom rationalen Intellekt verstanden werden; man muss es erfahren. Es umfasst das Verständnis, dass das Universum aus zwei ewig gegensätzlichen, aber komplementären Kräften besteht, wie das chinesische Yin und Yang oder das diskordische Misch und Masch. Diese beiden Kräfte sind in Wirklichkeit Etwas und Nichts, weshalb man, wenn man sich umsieht, immer Etwas vor einem Hintergrund von Nichts erblickt. Wenn du dich im Gleichgewicht zwischen Etwas und Nichts befindest, erlangst du SLACK und kannst dann Etwas für Nichts bekommen und so reich wie „Bob“, Rajneesh, L. Ron Hubbard oder der Papst werden.
Oder wie „Bob“ es an anderer Stelle zusammenfasst: „Teufel noch, es ist sogar noch relativer als Einstein klar war.“
Während „Bob“ fern und unsichtbar bleibt, arbeitet in der profanen Welt die Kirche der Minderbegabten von Postfach 140306 in Dallas aus, wo die Post von zwei örtlichen Werbebeauftragten abgeholt wird – die sie an „Bob“ weiterleiten, schätze ich.
Seltsamerweise gibt es bereits eine Stamp-Out-Bob-Bewegung (SOB), die Anti-Minderbegabten-Propaganda verteilt und davor warnt, dass dieser „böse Kult“ nur ein Komplott sei, um Geld zu machen. Du kannst ein Paket mit lehrreicher Anti-Bob-Literatur für 15 Dollar beim SOB Postfach 140306 in Dallas bestellen – was auch die Adresse der Leute zu sein scheint, die „Bob“ repräsentieren. Das ist merkwürdig, nicht wahr?
Die Kirche der Minderbegabten behauptet, sie habe 10.000.000 Mitglieder, aber ich bezweifle das, offen gesagt. Jedoch haben sie viele Mitglieder in einflussreichen Positionen, wie vor kurzem angedeutet wurde, als der neue „Jackintosh“-Computer von Atari auf den Markt kam. Versuchte man, ein normales Programm auf dem Jackintosh auszuführen, so wurde den Benutzern ein kurzer, pfiffiger Schrecken eingejagt, als die Maschine stattdessen 100 Bilder von J.R. „Bob“ Dobbs höchstpersönlich ausdruckte. Die Atari-Leute versuchen immer noch herauszufinden, welcher Mitarbeiter diesen Bug in die Software eingeschleust hat.
Die Neue Religion als komplizierter Witz
Als aufklärerischer Journalist in den USA habe ich viele Mitglieder von all diesen Kulten und Sekten getroffen. Sie waren von überdurchschnittlicher Intelligenz und Bildung, meistens jung (das Durchschnittsalter liegt unter 30, obwohl einige über 40 auftauchen) und sehr belesen in Anthropologie, Religionsgeschichte und insbesondere Science-Fiction. Typischerweise besuchen sie Science-Fiction-Treffen gewissenhafter als die Gottesdienste oder Feiern ihrer Kirchen. Viele von ihnen sind in der Computerindustrie beschäftigt und andere in der Unterhaltung, den Künsten, den Hochschulen. Sie gehören häufig zwei oder mehr dieser Sekten gleichzeitig an und beschäftigen sich nebenbei vielleicht auch mit irgendeinem östlichen mystischen System. Eine überwältigende Mehrheit von ihnen gehört auch der Gesellschaft für kreativen Anachronismus an, die „Volksfeste“ in vielen Teilen der USA abhält, bei denen die Mitglieder sich wie Leute aus vergangenen Jahrhunderten oder aus der Zukunft kleiden und verhalten und jeder seinen oder ihren eigenen Realitätstunnel erschafft. Sie sind in der Regel sowohl für Ökologie als auch für Technologie – „angemessene Technologie“ ist eins ihrer Modewörter, gefolgt von „Synergie“ und „Holismus“. Wenn man sie fragt, wie ernsthaft sie sind, antworten sie für gewöhnlich so etwas wie, dass Menschen ein bisschen Religion brauchen und sie versuchen, eine relativistische Religion für ein wissenschaftliches Zeitalter zu erschaffen.
Malaclypse der Jüngere drückt es so aus: „Wir beschäftigen uns nicht mit einem komplizierten Witz, der als Religion getarnt ist. Wir beschäftigen uns mit einer neuen Religion, die als komplizierter Witz getarnt ist.“
Wann wird das alles Einfluss auf Irland haben? Nun, wir haben bereits den Krishnakult hier und die Rajneesh-Leute und die Zeugen Jehovas und sogar einige einheimische Hexen. Wie unglücklich es auch den Rev. Dr. McNamara macht, ich kann mir nicht vorstellen, dass die Diskordier, die Minderbegabten und sogar die Reformierten Druiden in weiter Ferne liegen. Der Romanautor Robert Heinlein, der dabei half, all das mit der marsischen Religion in Stranger In A Strange Land ins Leben zu rufen, hat sogar in einem neueren Buch, The Number of the Beast, eine vernünftige Erklärung dafür geliefert, dass all diese Metatheologien gleichermaßen wahr sein können. In dieser mathematischen Fantasie postuliert Heinlein ein 6-dimensionales Raumzeit-Kontinuum, in dem 6 hoch 6 hoch 6 Paralleluniversen nebeneinander existieren. Das ist eine mächtig große Zahl (versuch, sie auszurechnen) und Heinlein postuliert deshalb, dass die meisten Universen am Anfang leer gewesen waren und erst dann vollständig würden, wenn Menschen sich Dinge vorstellten, die vorher nicht existierten. Somit ist jede Idee, so absurd sie auch ist, in irgendeinem Universum wahr, irgendwo in der Raumzeit, und die „Wirklichkeit“ kann nur als Multi-Ego Pantheistischer Solipsismus beschrieben werden; oder mit anderen Worten: jedes Bewusstsein erschafft sein eigenes Universum.
Das zu widerlegen, wird die Jesuiten ein paar Jahre beschäftigen.
Religion – Nur so aus Scheiß
ist erschienen in Coincidance – Tanz der Zufälle (2008) von Robert Anton Wilson, im Original „Religion for the Hell of It“ in Coincidance : A Head Test (1988).
Vielen Dank an den Phänomen Verlag für die Nutzungsgenehmigung.